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Bankomatgebühr in Österreich?

Bankomatgebühren als Aufreger ohne Handlungsbedarf

Kaum ein Thema war in Hinblick auf Banken und Finanzmarkt so ein Aufreger wie die Frage, ob in Österreich demnächst vielleicht Bankomatgebühren von den Banken – zumindest für die Behebung bei fremden Bankomaten – eingeführt werden könnten. Dabei ist es in der Realität wohl weniger bedeutend, als uns allen das derzeit erscheint.

Hier ein paar Argumente dafür und dagegen:

Argumente für eine Bankomatgebühr

  • Es handelt sich bei Bankomatbehebungen um eine Dienstleistung der jeweiligen Bank, in vielen Fällen auch von Drittanbietern. Diese verursacht Kosten beim Betreiber des Geldautomaten, die aber derzeit nicht (direkt) den Kunden, die die Kosten verursachen, weiterverrechnet werden.
  • Eine nutzungsabhängige Gebühr ist daher aus volkswirtschaftlicher Sicht durchaus argumentierbar, da sie Kosten dem Verursacher zurechnet und somit dessen Verhalten beeinflusst bzw. eine Quersubventionierung durch andere Kunden vermeidet. In diesem Fall würde das wohl den Effekt haben, dass seltener, dafür aber höhere Beträge abgehoben werden. Die gesamten Kosten des (“halbbaren”) Geldverkehrs würden dadurch in Summe reduziert.
  • Die Bankomatbehebungskosten sind wohl auch derzeit schon in die Kontoführungsgebühren eingerechnet bzw. könnten im Rahmen von unterschiedlichen “Paketen” inkludiert werden. Der Wettbewerbsdruck würde auch hier dafür sorgen, dass die Kunden (um die und deren Primäreinlagen auf Girokonten und Sparkonten sich Banken derzeit “reißen”) wohl im Schnitt nicht wirklich mit höheren Gebühren zu rechnen hätten, da Banken attraktive Pakete schnüren müssten, um gerade bei diesem Aufreger-Thema ihre Kunden zu halten.
  • Ein (derzeit politisch diskutiertes) punktuelles Verbot für eine einzelne Dienstleistungskomponente wäre po(pu)li(s)tisch zwar sehr positiv besetzt, aber einerseits im internationalen Kontext problematisch und auch kaum zeitgemäß, darüber hinaus jedenfalls faktisch für die Konsumenten unwirksam, da Banken auch andere Gebührenelemente statt dessen anheben könnten (wenn es der Wettbewerb überhaupt zulässt).

Argumente gegen eine Bankomatgebühr

  • Durch die Diskussion werden Ängste bei den Menschen geschürt und verstärkt, dass es zu einem Zurückdrängen des Bargeldes, bis hin zur Abschaffung, kommen könnte.
  • Da die Gebühren je Transaktion (und nicht bezogen auf den behobenen Betrag) verrechnet werden müssten, um verursachungsgerecht zu sein, würden Kunden seltener, dafür größere Beträge abheben, wodurch auch Sicherheitsrisken etc. entstehen könnten.
  • Rückläufige Behebungen würden letztlich dazu führen, dass es langfristig zu einer Reduktion der Versorgungsdichte mit Geldautomaten kommt.
  • Die Banken würden weniger durch die Gebühren einnehmen als geplant, da ja die Anzahl der Transaktionen zurückgehen würde. Auch der Wettbewerbsdruck (s.o.) würde faktisch die Mehrerträge bei anderen Kontoführungsentgelten wieder kompensieren.
  • Im Bereich “Mobilfunk” hat die Realität gezeigt, dass die Kunden lieber Tarife in Form von Paketen haben – und nicht einzeln verrechnete Teilleistungen. Aufgrund der Emotionalität des Themas hätten Banken, die keine variable Gebühr verlangen, deutliche Wettbewerbsvorteile.

Fazit

Da ökonomisch etliche Argumente gegen, aber auch einige für derartige Gebühren sprechen, ist es wohl am sinnvollsten, den Banken und dem Markt selbst die Entscheidung über die jeweils angebotenen Tarifmodelle zu überlassen. Gerade bei derart emotionalen Themen ist der Wettbewerbsdruck in der Regel ohnehin recht hoch. Es bleibt auch abzuwarten, ob Banken tatsächlich an diesem Reizthema derzeit rütteln wollen – wer zuerst eine Gebühr einführt wird wahrscheinlich von den Kunden in besonderem Ausmaß bestraft. Außerdem geht es, wenn überhaupt, um die Frage der gesamten Höhe der Kontoführungsentgelte inkl. Karten, Buchungen und Behebungen – und nicht nur um ein einzelnes Element der Konditionen.

Bargeld und Banken erhalten derzeit besonders viel Aufmerksamkeit – oder würde irgend jemand im Rahmen einer Preisregelung fordern, dass bei Mobilfunktarifen z.B. Gebühren für SMS generell nicht mehr nutzungsabhängig verrechnet werden dürfen und alle Anbieter nur noch Pakete mit z.B. unbegrenzten SMS, aber bei vollkommen freier Gestaltung der Preise für die den Grundtarif, die Gesprächsminuten und das Datenvolumen anbieten müssen? Vielleicht wären diese Tarife dann für Nicht-SMSer sogar unattraktiv teuer, weil sie im Paket etwas bezahlen müssen, das sie gar nicht nützen? Bankomatgebühren sollen aber vielleicht sogar gesetzlich verhindert werden, während die Banken bei den Zinssätzen, Kontoführungsbasisgebühren, den Buchungskostenbeiträgen, den Kartengebühren etc. weiterhin freie Preisgestaltungsmöglichkeiten haben (müssen, um Wettbewerb möglich zu machen)? Falls es Bedenken gibt, dass der Wettbewerb nicht ausreichend funktioniert, dann ist ein weiterer Staatseingriff in Form einer punktuellen Preisregelung wohl keine sinnvolle Option – der Konsumentenschutz könnte in diesem Fall eher bei der Transparenz und Vergleichbarkeit der Gebührenmodelle ansetzen (Preisrechner etc., wie im Bereich Strom, Telefon,…).

Bankomatgebühren sind also wohl ein Aufreger ohne großen aktuellen Handlungsbedarf, aber mit vermeintlich hohem politischem Profilierungspotenzial…

ÖVAG-Abwicklung

ÖVAG Bad-Bank – eine Überraschung?

Die Abwicklung der ÖVAG durch die Gründung einer Bad Bank kommt nun recht überraschend. Zwar ist schon seit Jahren bekannt, dass die ÖVAG durch ihre Verluste vor allem im internationalen Bereich ein Sorgenkind der österreichischen Bankenlandschaft war, und dass auch der bevorstehende Stresstest die eine oder andere Kapitallücke zum Vorschein befördern würde, aber dass nun eine Abwicklung kurzfristig in die Wege geleitet wird, hätten die meisten Beobachter doch nicht so erwartet.

Eine Pleite? Ja, aber geordnet…

Selbstverständlich ist die Abwicklung der ÖVAG eine Pleite – terminologisch lässt sich da zweifellos auf akademischem Niveau diskutieren, aber inhaltlich steht fest, dass die Verantwortlichen in der ÖVAG wohl keine Chance auf eine Fortführung gesehen haben – und das wahrscheinlich durchaus richtig.

Die jetzt in Angriff genommene Abwicklung lässt zumindest die Hoffnung zu, dass am Ende (je nach Marktlage!) sogar noch der eine oder andere positive Wert übrigbleiben kann. An der Tatsache, dass die Eigentümer (die regionalen Volksbanken) Abschreibungen vornehmen mussten und müssen und dass auch die Staatshilfe von mehr als 1 Mrd. EUR nicht zurückgezahlt werden kann, ändert das selbstverständlich nichts. Ein Schaden wird am Ende daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wohl bleiben – aber der jetzt erfolgte konsequente Schritt wird den Schaden zumindest minimieren und verhindert auf diese Weine noch größeren Schaden. Grund zur Freude besteht also nicht, aber wir SteuerzahlerInnen kommen zumindest mit einem blauen Auge davon und müssen nicht noch zusätzliche Zuschüsse leisten.

Die Gründung einer Bad Bank entspricht den neuen Spielregeln für Bankeninsolvenzen auf europäischer Ebene. Störungen des Finanzmarktes sind aus heutiger Sicht durch die Abwicklung kaum absehbar. Im Gegenteil – im Angesicht der Schwierigkeiten kommt es im Volksbankensektor insgesamt zu einer durchaus gravierenden Bereinigung der Strukturen: die regionalen Institute fusionieren und bilden größere Einheiten (9+3). Das wäre in dieser Form ohne äußere Zwänge in den letzten Monaten nicht so einfach möglich gewesen.

Hypo Alpe-Adria – die Unterschiede

Bleibt die Frage, was hier nun anders läuft als bei der Hypo Alpe-Adria. Die Unterschiede sind allerdings tatsächlich gravierend:

  • Es gibt keine Milliardenhaftungen eines Bundeslandes. Dadurch ist der öffentliche Sektor mit dem Geld der SteuerzahlerInnen “nur” insoweit involviert, als die bereits gewährte Bankenhilfe nicht zurückgezahlt werden kann. Weitere Haftungen stellen also bei der ÖVAG im Gegensatz zur Hypo kein zusätzliches Problem dar.
  • Die Situation ist überschaubar. Die Laufzeiten der abzuwickelnden Geschäfte sind kürzer, daher ist der Zeithorizont besser einzuschätzen. Die Abwicklung der ÖVAG wird recht frühzeitig in Angriff genommen, sodass die Abwicklung selbst voraussichtlich keine weiteren Kosten über die bisherigen Verluste hinaus verursachen wird. Der Großteil der Verluste wird von den Eigentümern (den regionalen Volksbanken) übernommen und nicht den SteuerzahlerInnen aufgebürdet (bis auf die bereits gewährten und verlorenen Staatshilfen).
  • Die Bilanzen der ÖVAG sind (nach heutigem Erkenntnisstand) korrekt – bei der Hypo wurden über die Jahre hinweg immer weitere Leichen aus dem Keller ans Tageslicht befördert. Bei der Hypo wurde (im Nachhinein wohl fälschlich) davon ausgegangen, dass die Probleme lediglich vorübergehend bestehen würden, weil als Ursache die Markteinbrüche der Wirtschaftskrise gesehen wurden – und nicht das strukturell problematische Geschäftsmodell der Hypo mit strafrechtlich relevanten Malversationen, Bilanztricks und -Fälschungen sowie Scheingeschäften am Balkan.
  • Die ÖVAG ist eine Tochter der regionalen Volksbanken. Die “guten” Geschäfte und notwendige Aufgaben für den Sektor können vergleichsweise einfach an lebensfähige Kreditinstitute übertragen werden.

Stresstest als Auslöser?

Auch wenn es heftig dementiert wird – der Stresstest ist zwar nicht die Ursache für die Abwicklung, aber durchaus im zeitlichen Zusammenhang relevant. Sehr wahrscheinlich hätte die ÖVAG einen nennenswerten Kapitalbedarf gehabt, der nicht so einfach aufzubringen gewesen wäre. Zwar hätte es dann noch einige Monate Zeit gegeben, eine Abwicklung aus eigenen Stücken vor der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse ist aber jedenfalls einfacher und weniger kostspielig.

Wie viel wird es uns kosten?

Aus heutiger Sicht kann noch niemand seriös den endgültigen Schaden abschätzen. Es scheint aber derzeit so, als ob die geordnete Abwicklung mittels Bad Bank kostendeckend oder sogar noch mit einem geringen Überschuss möglich sein könnte – vorausgesetzt, es kommt zu keinen unerwarteten Einbrüchen auf den Märkten. Bleibt also die bisher schon eingesetzte Staatshilfe als Schaden, also am Ende wahrscheinlich ein Verlust von gut 1 Mrd. EUR für die Öffentlichkeit. Im Vergleich zur Hypo ist das ein geringer Betrag – in Euro aber durchaus immer noch viel Geld…